23. Oktober 2015

Das Klima und “El Niño”

Am 14. Oktober fand der Austausch „Das Wetterphänomen des El Niño und der Klimawandel in der Region Cajamarca“ statt – organisiert von der regionalen Leitung der Natürlichen Ressourcen und der Umweltführung, mit dem Submanagement der Landesaufbereitung, des Technikausschusses des regionalen Prozesses ZEE-OT und der Behörde der nationalen Verteidigung der regionalen Regierung Cajamarcas-, mit der Anwesenheit weiterer diverser sozialer Organisationen und interessierter Öffentlichkeit.
Unter den Ausstellern befanden sich Julio Urbiola del Carpio (SENAHMI Cajamarca) und Isabel Arana Barrantes (Behörde der nationalen Verteidigung).
Unser Kollege Alfredo Mires war eingeladen, um über den „Klimawandel und das Wetterphänomen El Niño aus der Sicht der Andinen-Bevölkerung in Cajamarca“ zu sprechen.
In diesem Link kann man die große Kunst seines Diskussionsbeitrages sehen:
Und hier ein kleiner Ausschnitt seines Beitrags:
„...wir verfallen in Hochmut, wenn wir darauf vertrauen, dass die Erde wie eine Mechanikwerkstatt funktioniert. Es ist ein erster bedeutender Schritt, bescheiden zuzugeben, dass wir nicht alle Verhaltenscodes des Klimas kennen, da die Erde keine Universität besucht hat und da wir, in der Regel, gewöhnlich auch nicht die Schule der Erde besuchen...
Es ist eine Schande, dass diejenigen, die durch ihre Systeme der individuellen Bereicherung Armut produzieren, den Armen das Umweltdebakel zur Last legen. Es ist beschämend, dass diejenigen, die die indigenen Völker vernichten – die einzige moralische Reserve, die auf dieser Welt bleibt -, die indigenen Völker anschuldigen, die Entwicklung der Nationen aufzuhalten...
Das Problem ist, dass wir die Fähigkeit für das Ahnen und Vermuten verloren haben. Wir schauen auf die quadratischen Bildschirme der Fernseher und Computer mit einer solchen Ehrfurcht, dass wir damit enden, den Spiegel umzudrehen. Aber im Verfall der Erde, auf Kosten der elementarsten Verbindungen mit unserer eigenen Natur...
Und ein weiteres großes Problem ist, dass wir die Folgen bereits in unserem Landkreis spüren:
manche Vögel gibt es bereits nicht mehr, viele Brunnen sind vertrocknet, die Bergspitzen erliegen den gezahnten Maschinen, die Kröten sterben aus, die Wolken erscheinen nicht, die Winde wechseln ihre Richtung, die Arten werden verjagt...Nicht nur werden die Seiten dieses wunderbaren Buches, das die Erde ist, herausgerissen, sondern als Folge wird man eine andere Sprache beginnen zu sprechen: eine klagende Sprache, eine Sprache der Abwesenheit, der Stummheit, des Streits."
 
...zum Glück brennt die Welt immer auf der anderen Seite!

22. Oktober 2015

An die Menschen aus Cajamarca

Campesino-Leute, so weise
Dass sie nie aufhören zu lernen
Weil die Eltern ihren Kindern lehren
Dass das Wichtige ist, das Gute zu tun.
Und sie singen für die Erde
Damit sie sich nicht einsam fühlt
Und sie opfern ihr Geschenke
Um für die Ernten zu danken.

Sie lieben sie, deshalb achten sie auf sie,
und unter der Sonne jeden Morgen
gehen sie, glücklich, mit ihr zu arbeiten.

In den freien Momenten des Tages
an den Festtagen
versammeln sie sich, glücklich, zu lesen
weil die Wörter Wege sind
durch die sie das Wissen erreichen
und gemeinsam kommt man weiter
und gemeinsam verbessert man sich.
Die Campesino-Leute sind so weise
Dass sie nie aufhören zu lernen.
Amadeo Gutiérrez Sancho

Daniela in Cajamarca

Seit Anfang Oktober arbeitet Daniela Vetten – eine deutsche Lehrerin – als Freiwillige im Netz der Landbibliotheken mit.
Im Netz arbeiten die Freiwillige mit, indem sie alle Rechte und Aufgaben teilen, bei welchen die Werte der Gemeinschaft, der Demut, des Respekts und der Gegenseitigkeit betont werden, die wir mit unserer Bewegung fördern.
Gemeinsam versuchen wir, im Kleinen zu erbauen, was wir im Großen erreichen möchten: eine wärmere, gerechtere und solidarischere Welt. Hier träumen wir nicht von unserem Leben, sondern versuchen zu leben, was wir erträumen.
Für uns ist es ein Privileg, Teil dieser Vereinigung zu sein, lernen zu können von den am meisten Vergessenen und an ihrer Seite zu wachsen. Wir hoffen, dass wir dieses Lebensideal auch für Daniela erweitern können.
Herzlich Willkommen Kollegin.

Auf dem Apu Qayaqpuma



Als Teil der Feier unserer Generalversammlung planten wir einen Ausflug, um gemeinsam den Apu (heiliger Berg) Quayaqpuma zu besuchen und zu grüßen. Unser Kollege Kepa Osoro, spanischer Freiwilliger, war ebenfalls anwesend und schrieb  einen Bericht über diese Erfahrung. Hier einige Textfragmente:
„…der Fußweg war sehr intensiv – wie beinahe alles hier -, weil er bereits vor Tagesanbruch begann. Der Besuch eines Apus (heiligen Berges) erfolgt nicht irgendwie; es handelt sich nicht darum, dies zu entscheiden, dort hinzufahren und hinaufzusteigen…denn der Apu wird in der Andinen-Kultur als etwas Lebendiges gesehen, ein Lebewesen mit Gefühlen, die respektiert, mit Zuneigung und Feingefühl behandelt werden müssen…es ging darum,  vor ihn mit einer Einfachheit, Reinheit von Intentionen zu treten, dem Wunsch, mit ihm und mit unseren KollegInnen eins zu werden.
Auf diese Weise war ein bereicherndes, reichhaltiges und regenerierendes Erlebnis garantiert, das uns sowohl individuell weiter helfen wird, als auch dem Zusammenhalt der Gemeinschaft dient.
Alfredo war derjenige, der uns während der ganzen Reise führte, der uns die Gebirgsbedingungen erklärte, sowie die Traditionen und die Geschichte dieses Ortes…
Es war bewegend zu sehen, wie alle abhängig von uns Personen waren, die Schwierigkeiten hatten, hinauf zu steigen; es war beispielhaft, wie sie uns begleiteten, indem sie sich auf unseren Rhythmus einstellten, auf unsere Pausen, manche mit Diskretion, manche mit mehr Vertrauen, alle mit Großmütigkeit. …Zweifellos war es diese gemeinschaftliche Liebe, die es ermöglichte, dass ich den Gipfel des Apu erreichte…

Auf der Hälfte des Aufstiegs hielten wir an, um eine erste und einfache Zeremonie abzuhalten, in der wir den Apu begrüßten und ihn um Erlaubnis baten, ihn zu besuchen…
Wir setzten den Aufstieg fort, begleitet von verschiedenen Erklärungen durch Alfredo – und durch einige Campesinos – durch die er uns Bedeutsames mitteilen wollte, entweder über die Pflanzen, die sich am Weg befanden, oder über eine Legende oder Tradition; erzählte etwas über die Form bestimmter Felsen, und machte uns darauf aufmerksam, nicht auf bestimmte Ecken oder Pflanzen zu treten…
Als wir den Gipfel erreichten, blieben wir andächtig vor der Schönheit der Landschaft stehen … wir bereiteten eine kleine Opfergabe für den Apu vor in einer Zeremonie, die sich hier All´pata paguikun nennt. Auf eine farbige Decke legten sie verschiedene Pflanzensamen, Kerzen, Kokablätter, Zucker, Wasser und die Dinge, die jeder Einzelne als Gabe präsentieren wollte... ich legte ein Exemplar des Buches „Es nähert sich die Ernte“ dazu  (der Gedichtband von David).
Eine Weile später feierten wir eine andere, sehr interessante Zeremonie: den Austausch der Samen. Da es sich um eine Campesino-Gemeinschaft handelt, hatten einige ihrer Mitglieder Samen mitgebracht, die sie auf ihrem Land anbauen, und erklärten den Anderen die Namen und unterschiedlichen Charakteristika jeder Pflanze... sie tauschten die Samen mit dem Versprechen, die neuen Samen auf ihrem Feld zu sähen und uns auf diesem Wege in ihrer Gemeinde anwesend sein zu lassen.
Alle Samen wurden untereinander verteilt, einschließlich unter jenen, die keine Samen mitgebracht hatten.
Im nächsten Schritt feierten wir den Lesekreises, eine einfache Strategie der Dynamisierung des Lesens, die gewöhnlich in den Bibliotheken des Netzes durchgeführt wird und die darauf beruht, dass alle sich in einen Kreis setzen, jeder mit einem Exemplar des selben Buches.

Kepa in Cajamarca

Kepa Osoro ist wieder unter uns. Er ist der Vater unseres herzlichen Kollegen David, dessen Geist uns in den Aufgaben jeden Tages begleitet und belebt.
Kepa ist als Freiwilliger gekommen und erfüllt diese Aufgabe ganz in diesem Sinne. Er unterstützt uns seit einigen Wochen im Tauschzentrum, indem er die Bücher registriert, die eintreffen und diejenigen, die aufs Land gehen, uns im Reinigen unserer Räumlichkeiten unterstützt, kocht und seine Termine in jeder Aufgabe erfüllt, die ihm anvertraut wird. Seine Vortrefflichkeit und Hingabe ist ein Beispiel für jeden von uns, neben der Schnelligkeit, mit der er seine Arbeit erledigt.
Aber es geht nicht nur um die Arbeit, sondern um seine Anwesenheit, die uns auf diesem Weg begleitet, die Liebe fürs Lesen, die wir teilen und die Vorliebe für die Unterversorgten durch die offiziellen Systeme dieses Landes.
Er ist unsere Familie. Und an ihn geht auch unsere Hochachtung, unsere Zuneigung und Anerkennung.

Versammlung ist Gemeinschaft



Anfang Oktober feierten wir in unserem Hauptsitz in Cajamarca die Generalversammlung des Netzes. Die Freude, uns wiederzusehen und neue Erfahrungen zu teilen, konnte man in jedem Gespräch und in den Gesichtern der Teilnehmenden sehen.
Die Koordinatoren kamen beladen mit Büchern, um diese zu tauschen und mit Produkten ihrer Höfe für das gemeinsame Essen.
Die Arbeit in der Versammlung war intensiv, aber motivierend. Es fehlten auch nicht unsere traditionellen „Nächte der Bewahrung“, die uns jedes Mal  noch stolzer auf unseren kulturellen Reichtum machen und uns dazu veranlassen, unsere Ältesten noch mehr zu schätzen und zu würdigen.
Der Büchertausch in unserem großen Saal wird wie eine Messe organisiert, um sich über die Vielfalt der Bücherbeschreibungen auszutauschen; jeder stellt seinen Beitrag auf den aufgebauten Tischen zur Verfügung.

Als Teil unserer Fortbildung üben wir das laut Lesen; die Koordinatoren teilen einander Techniken für die Arbeit in den Gemeinden mit und überprüfen auch den Strategischen Plan des Netzes der Landbibliotheken und erstellen neue Fragestellungen.
Und, da wir um die Wichtigkeit der Dankbarkeit wissen, nutzten wir diesmal unseren Ausflugstag zum Apu Qayaqpuma- der heilige Berg Cajamarcas mit reichlichen Fels- und Höhlenmalereien – um unsere Mutter Erde zu ehren, unsere Verstorbenen und unsere heiligen Berge, für die Anwesenheit jedes Einzelnen und die Gesundheit unserer Familien und Gemeinden zu beten.
Wie in jeder Versammlung fühlen wir uns immer in Gemeinschaft. Wir sind alle abhängig von dem Wohlergehen unserer KollegInnen, lernen im Team und vom Team, festigen unsere gemeinsamen Grundlagen als Freiwillige des Netzes.

Der Weg der Enzyklopädie Campesina



Weder sind Entfernung noch Verkehrsmittel wichtig, was wichtig ist, ist die Demut, die Kraft und das Vertrauen, weiter zu gehen.
Seit dem 1. Oktober kommen unsere KollegInnen zur Generalversammlung des Netzes. Das Beeindruckende ist, dass trotz der Entfernung alle etwas mitbringen, um es zu teilen. Und am selben Abend (nach der Ankunft), nach dem Abendessen beginnen wir mit der „Rettung“ unserer Wörter. Am nächsten Tag sehr früh, nach dem gemeinsamen Frühstück, teilen wir uns außerdem gegenseitig die Erfahrung mit der Enzyklopädie Campesina mit.
Eines der Themen bezüglich der „Rettung“, das wir bearbeiteten, war das Thema der Apus (heilige Berge) und des Klimawandels, wie immer nahmen alle teil, entschlossen, für das Bewahren unserer Tradition zu kämpfen und das zu schätzen, was uns unsere Vorfahren hinterließen.
Tausend Dank an alle Unsrigen, uns dieses Schätzen, Lieben und Respektieren unserer Mutter Erde zu lehren.
Das Team der PEC (des Projektes der Enzyklopädie Campesina)